Branchenführende Prozesse und Technologien für neue SAP-Implementierungen – Teil 2
In einem vorherigen Beitrag haben wir die Vorteile eines agilen Ansatzes für neue SAP-Implementierungen untersucht.
In diesem Artikel werde ich mich mit diesen Themen aus einem etwas praktischeren Blickwinkel beschäftigen. Wir werfen dabei zunächst einen kurzen Blick auf SAP Activate – die agile Methodik von SAP – und schauen uns dann etwas genauer einige Besonderheiten zu der Art der Automatisierung an, die dieses Framework (bzw. jeglicher agiler Ansatz für SAP-Implementierungen in diesem Zusammenhang) unterstützen kann.
SAP Activate
SAP Activate gibt es nun schon bereits seit einigen Jahren; das Framework vereint die von SAP definierten Best Practices, die Methodik und geführte Konfiguration in einer Reihe von Phasen – Discover (Entdecken), Prepare (Vorbereiten), Explore (Untersuchen), Realize (Umsetzen), Deploy (Implementieren) und Run (Betreiben) – die bei Bedarf einen agilen Ansatz möglich machen. Tatsächlich ist dies eine Art agiles Wasserfallmodell, da in der Regel alles auf einmal live geht, was aber bei neuen Implementierungen ja auch ganz normal ist.
Activate basiert auf dem Grundsatz, vorhandene Inhalte (für gewöhnlich eine so genannte SAP Modell Firma) zu nutzen, um den Implementierungsprozess in Gang zu bringen. Anstatt am Beginn einer Implementierung bei Null anzufangen, verwenden SAP-BeraterInnen die vordefinierten Inhalte zur Durchführung von Workshops, die Bereiche (Lücken) identifizieren, bei denen bestimmte Kundenbedürfnisse nicht erfüllt werden. Dieser Schritt wird für gewöhnlich als “Fit-Gap” Analyse bezeichnet und erfolgt während der Explore-Phase.
Erkannte Lücken bilden dann maßgeblich die Basis für die Anforderungen an das Projekt. Bei unserem agilen Ansatz sind die Lücken also die User Stories, die in den Backlog einfließen.
In der Realize-Phase in SAP Activate findet die eigentliche Entwicklung statt und daher sehen wir hier wahrscheinlich auch die meisten Auswirkungen eines agilen Ansatzes. Diese agile Phase unterliegt 2- bis 4-wöchigen Iterationen. Die Arbeit wird priorisiert und aus dem Backlog gezogen. Am Ende jeder Iteration werden die Ergebnisse dem Kunden (d. h. dem Endbenutzer) vorgestellt, die dieser überprüfen und entsprechendes Feedback geben kann.
Dieser agile Ansatz ist zwar großartig, er erfordert jedoch, wie alle Implementierungen, für eine erfolgreiche Umsetzung die Unterstützung durch Tools und Technologien. Daher möchte ich nachfolgend einige mögliche Lösungen zur Unterstützung des Prozesses vorstellen.
SAP Best Practices Explorer
Da sich vieles bei diesem Ansatz für SAP-Implementierungen auf vorkonfigurierte Best Practices von SAP stützt, würde ich als erstes Tool den SAP Best Practices Explorer vorschlagen.
Der SAP Best Practices Explorer organisiert Inhalte in Hierarchieform ausgehend von der Ebene des Lösungspaketes, z. B. S/4HANA On-Premise Edition; anschließend erfolgt eine Aufgliederung in die Gruppe des Änderungsbestandteil, z. B. Umsatz. Diese schlüsselt sich wiederum in eine Untergruppe auf, bevor man schließlich zum eigentlichen Änderungsumfang (Scope Item) gelangt.
Siehe nachfolgende Abbildung …

Im Änderungsumfang finden Kunden die Details zu dem entsprechenden Umsetzungspunkt, wie Prozessablauf, Testskripte und andere Artefakte, die zum Einleiten der Realize-Phase verwendet werden können.


Atlassian Jira für das Backlog-Management und die Projektverfolgung
Das Ergebnis der Ausführung von “Fit-Gap” Analyse-Sitzungen mithilfe von SAP Best Practices Explorer ist im Wesentlichen ein Backlog mit To Dos, die für den Kunden konfiguriert und implementiert werden müssen.
Wir benötigen daher ein Backlog-Management-Tool zum Erfassen und Nachverfolgen dieser Anforderungen. Idealerweise sollte dieses Tool in struktureller Hinsicht dem SAP Best Practices Explorer ähneln, um die Zuordnung der Backlog-Bestandteile zu den ursprünglichen Änderungsumfängen zu erleichtern.
Eines der bevorzugten agilen Backlog-Management-Tools auf dem Markt ist hierbei Atlassian Jira, mit dem diese Struktur nachgeahmt werden kann.
Das folgende Diagramm stammt von der Jira-Website.

In diesem Fall kann Folgendes zugeordnet werden:
- Jira-Initiative zur Scope Item Group in Best Practices Explorer
- Jira-Story zur Scope Item Sub-Group in Best Practices Explorer
- Jira-Story zu Änderungsumfangl (Scope Item) in Best Practices Explorer

Mit Blick auf den zeitlichen Aspekt können Benutzer Sprints erstellen, die im Endeffekt SAP Best Practices Explorer Interationen zugeordnet werden können.
Wenn Arbeiten aus dem Backlog priorisiert werden, können Benutzer die Story einfach in den Sprint in Jira ziehen und den Fortschritt in Jira verfolgen.
Plan zur Ausführung in SAP mit ActiveControl verbinden
Während die Arbeit in Jira geplant und verfolgt wird, erfolgt die tatsächliche Implementierung vollständig in SAP.
An diesem Punkt kommt eine SAP-fokussierte Änderungs- und Release-Automatisierungslösung wie ActiveControl von Basis Technologies ins Spiel.
ActiveControl bietet eine einzelne Plattform für SAP-Teams für die Verwaltung und Durchführung des gesamten Änderungs- und Release-Prozesses für SAP.
Mit ActiveControl stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
- Erfassen der geschäftlichen Anforderung (in ActiveControl als Business-Tasks bezeichnet);
- Verbinden dieser Anforderungen mit den tatsächlichen SAP-Transporten, die Änderungen an der SAP-Konfiguration und dem SAP-Code enthalten, die die angeforderten Änderungen implementieren;
- Vollständiges Automatisieren des durchgängigen Bereitstellungsprozesses für die SAP-Transporte in der gesamten SAP-Landschaft;
- Sicheres Durchführen dieser automatisierten Bereitstellungen durch Nutzung von mehr als 60 Qualitäts-Analysefunktionen, die nach verschiedenen Problemen suchen, die während der Bereitstellung von SAP-Transporten auftreten können.
Darüber hinaus bietet ActiveControl ein Governance-Framework (bestehend aus Genehmigungs-Workflows und Prüfketten), das umfassend konfigurierbar ist und so alle Anforderungen von Kunden unterstützen kann.
Informationen darüber, wie Ihre Initiativen, Epics und Stories (oder in diesem Fall Gruppe/Untergruppe der Umfangsänderungen und Anforderungsumfänge) in Jira mit den von ActiveControl verwalteten praktischen Implementierungsschritten verbunden sind, finden Sie im Detail in diesem Blog.
Und wie sieht es mit der Qualität aus?
Qualität ist ein wichtiger Aspekt bei jeder SAP-Implementierung. Unternehmen benötigen von Tag eins an für sie maßgeschneiderte Prozesse und angesichts der für gewöhnlich hohen Kosten eines neuen SAP-Rollouts sollten diese durch Nachbearbeitungen und Verzögerungen nicht noch weiter in die Höhe getrieben werden. Qualität sollte ein integraler Bestandteil all unserer Ansätze sein, ist aber wohl bei den schnellen Zyklen einer agilen Implementierung so wichtig wie noch nie.
Wie sieht die Umsetzung aus?
Sehen wir uns zunächst die Qualität beim Code oder der SAP-Konfiguration an. Es muss sichergestellt werden, dass Aktivitäten wie die Analyse der Codequalität, Komponententests und Peer-Reviews bei allen Sprints durchgeführt werden.
Und hier kommt ActiveControl ins Spiel. Grundsätzlich kann das Tool verwendet werden, um sicherzustellen, dass Transportaufträge erst dann transportiert werden, wenn jemand bestätigt, dass die entsprechenden Qualitätsprüfungen durchgeführt wurden. Häufiger werden jedoch die von mir gerade erwähnten Analysefunktionen verwendet. Die Analysefunktionen können so eingerichtet werden, dass sie automatisch an benutzerdefinierten Kontrollpunkten ausgeführt werden und sicherstellen, dass Code nur dann ein Entwicklungssystem verlässt, wenn die nötigen Standards eingehalten werden.
Bereits frühzeitig durchgeführte strenge Qualitätsprüfungen sollten den Aufwand für QA-Teams im Prozessverlauf reduzieren; Tests bleiben jedoch ein extrem wichtiger Teil des Implementierungsprozesses (von Akzeptanztests bis zur Integration usw.). Viele agile Implementierungen nutzen automatisierte Testtools, um dem begrenzten Zeitrahmen gerecht zu werden, der für Tests in den einzelnen Sprints zur Verfügung steht.
ActiveControl kann einen solchen Prozess durch die Anbindung an Tools für die Testautomatisierung über Plattformen wie Jenkins oder Node-RED optimieren, die dann automatisch als Teil des Transportreleaseprozesses ausgelöst werden.
Unabhängig von der Art der von Ihnen ausgeführten Tests (manuell oder automatisiert) fungiert ActiveControl als einzige Kontrollstelle und zentrale Datenquelle. Bestätigungen zu durchgeführten Tests und die zugehörigen Testergebnisse (z. B. in einem angehängten Dokument oder über einen Link zu einem Test-Managementsystem) können in einer ActiveControl Business Task aufgezeichnet und als weiteres Kriterium dafür genutzt werden, ob Transporte für den Übergang in das nächste System in der Systemlandschaft bereit sind.
Greenfield S/4HANA Transformation bedeutet eigentlich keine Regressionstests, oder?
Dies ist für viele Leute eine naheliegende Annahme. Welche Bedeutung hätten Regressionstests schließlich, wenn es kein Live-System (d. h. keinen ‚Davor‘-Status) als Vergleich gibt?
Das Ausführen eines Implementierungsprojekts mit einem agileren Ansatz könnte jedoch nicht zuletzt genau einen solchen Vergleichspunkt auf regelmäßiger Basis liefern. Anstatt bis zum Ende des Projekts auf eine integrierte Testphase gefolgt von einem Big-Bang Cutover zu warten, wird bei unserem agilen Ansatz der Fortschritt fortlaufend vorangetrieben und vorgestellt. Dies bedeutet, dass es am Ende jedes Sprints einen ‚Davor‘- und ‚Danach‘-Status gibt, der als Vergleich herangezogen werden kann. Effektive Regressionstests als Teil des Prozesses geben uns mehr Sicherheit, dass neue Entwicklungen keine Probleme und Verzögerungen verursachen, indem sie möglicherweise einer Sache entgegenwirken, die bereits umgesetzt wurde.
An diesem Punkt könnte ein Automatisierungstool für Regressionstests wie Testimony von Basis Technologies ins Spiel kommen. Im Gegensatz zu anderen Testautomatisierungstools ist Testimony nicht von manuellen Testskripten abhängig. Stattdessen kann das Tool innerhalb kürzester Zeit automatisch neue Testbibliotheken mit hoher Testabdeckung generieren und ist damit genau das, was Sie brauchen, wenn Sie ein System haben, das sich häufig ändert und Sie unter Zeitdruck arbeiten.
Informationen zur Funktionsweise von Testimony finden Sie in diesem Video.
Fazit
Die SAP-Implementierung hat seit den 1980er-Jahren beträchtliche Fortschritte gemacht und heute können Sie Ihre Systeme auf jeden Fall mit einem agilen Ansatz konfigurieren. Tatsächlich hat SAP selbst den Schritt von seiner traditionellen ASAP-Methodik zu SAP Activate vollzogen, das eine weitaus agilere Philosophie verfolgt, obgleich es einige Elemente gibt, die verständlicherweise mehr auf dem Wasserfallmodell basieren als auf einer ‚reinen‘ agilen Entwicklung.
Ein Prozess allein reicht jedoch nicht, er muss von der richtigen Technologie unterstützt werden. In diesem Blog habe ich SAP Best Practices Explorer, Atlassian Jira und ActiveControl sowie Testimony von Basis Technologies als einige der Tools vorgestellt, die unterstützend für eine schnellere, sicherere und agilere SAP-Implementierung genutzt werden können.
Um mehr über unsere Technologie zu erfahren und wie Sie Ihren geschäftlichen Erfolg unterstützen kann, fordern Sie hier eine Demo an.